“Lasst mich einfach hier liegen!” – UWE 2016

Ich habe es ja schon tausendmal gesagt: mein netter Kleinstadtberg im Ardeygebirgsausläufer ist ein top Revier! Nun hat man das bei der “Laufschule Dortmund” erkannt und unter dem Titel “Ultratrailrunning in Wetter” (UWE) eine erste Schnupperrunde durch “meinen” Wald aufgelegt. Das begrüße ich natürlich auf’s Schärfste und war selbstverständlich mit von der Partie!

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Dem Titel widersprechend, war die diesjährige Auflage von “UWE” noch kein Ultralauf: der Plan war, eine 12km-Runde mit etwa 400 Höhenmetern zwei Mal abzulaufen, zunächst gegen, dann mit dem Uhrzeigersinn. So weit so gut. Bei näherem Betrachten der geplanten Strecke war mir dann schnell klar: wir würden Abschnitte laufen, die ich bislang noch nicht gelaufen war; und zwar aus Gründen! Weil sie nämlich zur Kategorie “lasst mich einfach hier liegen” gehören. Aber der Trailläufer an sich läuft eben gern hinauf, wo andere nur mit dem Mountainbike nur runterfahren. Weil er Herausforderungen liebt, sagen die einen; weil er Bekloppt ist, die anderen. Ich sage: warum sollte sich das ausschließen? Mir war schnell klar, dass ich so oder so leiden würde, denn seit dem Frühling hatte ich vor allem für die Tortour und den Vivawest-Marathon – und damit für’s Flachland – trainiert, so dass meine Steigfähigkeit sicher mit “ausbaufähig” noch sehr wohlwollend umschrieben ist.

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Pünktlich am vergangenen Dienstag um 18:45 also – nach dem Ende der ersten Halbzeit des Spiels Deutschland – Nordirland – schulterte ich mein Salomon-Pack, vollgestopft mit Wechselklamotten, Colashots, Isozeugs und Wasser und machte mich auf die 600 Meter lange Anreise zum Treffpunkt auf dem Harkortberg. Bereits auf dem Weg wurde ich von Oli, einem der Einladenden von der Laufschule, eingesammelt. Auf den Rest der Truppe wartend, vertieften wir uns ins übliche Fachsimpeln und tauschten uns über die Strecke aus. Wenig später schlug auch schon Thomas, der Lennetaler, auf, für den der eine oder andere Weg auf “meinem” Berg ebenfalls vertrautes Gelände ist, da er ganz in der Nähe im Nordosten Hagens wohnt (Thomas ist Teil der Twitter-Läuferformation “Twittrunnerruhr“).

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Nach einer kurzen Einweisung durch Oli ging es dann auch schon los. Die erste Runde sollte gegen den Uhrzeigersinn gelaufen werden, also durchquerten wir zunächst den Kletterwald, passierten den Kleff und folgten dem Hügeligen Weg entlang der südöstlichen Bergflanke bis zur Lichtung an der Retelnmühle. Von hier aus ging es steil bergab durch die Silberkuhle und weiter auf einem engen Mountainbike-Pfad (insgesamt rund 50 HM), der schließlich wieder steil den Berg hinauf- und durch die auf der Lichtung herrschende Farmlandschaft führte. Über ein Stück Forstweg erreichten wir den Parplatz am Asternweg, überquerten den Berggrat und liefen über den schönen, geschwungenen Pfad hinunter zur Kemnade. Links abbiegend durchquerten wir einen Ausläufer des Ender Mühlenbachs und folgten dem teilweise sehr schlammigen und wirklich schönen Singletrail bis zur Kreuzung am Hickenstein. Wir bogen nach links ab und erklommen über einen breiten, aber zerklüfteten und teils steinigen, teils schlammigen Weg die Flanke des höchsten Ardeyberges “Auf dem Heil”, wo wir auf dem Oberen Dellenweg anlangten, der auf dem gesamten Grat der Bergkette verläuft. Nach einigen hundert Metern auf dieser Waldautobahn bogen wir jedoch wieder in die Richtung ab, aus der wir gekommen waren und folgten einem sehr steilen und langen Mountainbike-Pfad, der auf 600 Metern Strecke 90 Höhenmeter nach unten führte. Das Wissen darum, dass ich dieses Stück später und mit 17 Kilometern in den Beinen hinauf”laufen” müssen würde, lastete Zentnerschwer auf der Laune meines Schweinehunds. Bisweilen rannte ich aber zunächst den aberwitzig steilen fahrt hinab (denn Downhill kann ich eigentlich ganz gut), während der eine oder andere Läufer der Farbgestaltung seiner Kleidung ein dezentes Braun hinzufügte.

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Unten bogen wir links auf die Waldautobahn und folgen dem untersten Pfad durch das Selmkebachtal, einige Meter oberhalb des Bachs. Der Weg ist dort abschnittsweise sehr geröllig, die Steigung variiert und man hat durchaus Abwechslung. An der Bachquerung schlugen wir uns auf den Richtung Bach kreuzenden engen und steilen Pfad an der Biegung der Bergflanke entlangführte. Hier, am Rande des Guts “Schede”, liegt ein kleines, nur von zwei Bachläufen durchschnittenes Plateau, das wir überquerten, bis wir die Straße erreichten, die vom Fuße des Bergs hinauf auf das Gut führt. Von hier liefen wir am Rand des Schnodderbachtals entlang bergauf, bis der Weg für etwa hundert Meter von einer Kuhweide unterbrochen wurde. Hier blieb uns nur, entweder den Stacheldrahtzaun zu überqueren, oder uns neben der Weide durch das Dickicht aus Dornenbüschen und Brennesseln zu schlagen.

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An der nächsten Gabelung hielten wir uns fälschlicherweise rechts und folgten dem Pfad bergab, so dass wir den Schnodderbach nicht, wie ursprünglich geplant an der oberen Querung kreuzten, sondern an der unteren. Da die Wege jedoch ohnehin ein wenig später wieder zusammenliefen, stellte das kein Problem dar. Kurz vor dem Waldende an der Memelstraße bogen wir in den Weg unterhalb des Wetterbergs ein, wandten uns nach ein paar hundert Metern wieder bergauf und bezwangen die Mountainbike-Piste, die uns die letzten Höhenmeter hinauf auf den Harkortberg führte. Am Parkplatz angekommen, wurden wir bereits von den Neueinsteigern erwartet, darunter z.B. Sarah und Patrick von Love2RunHappy. An seinem Kofferraum stehend, quatschten Thomas und ich über Isogetränke, während wir selbige und ein wenig Futter nachfüllten. Ich muss sagen: während ich meine Stirnlampe in den Rucksack schob (denn es war inzwischen fast neun und dämmerte entschieden) keimte in mir – vorsichtig ausgedrückt – ein wenig Respekt vor der “Rückrunde”, denn der “Arschlochberg” war jetzt nur noch einige Kilometer entfernt.

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Nachdem alle ihre Pausengeschäfte abgeschlossen hatten, ging es den ganzen Weg wieder zurück, über die Mountainbikestrecke, am Schnodderbach entlang, dieses Mal an der richtigen Stelle darüber, zurück durch Gestrüpp und Brennesseln (danke auch, ich hatte zwei Zecken und werde niemals Rheuma haben!), unterhalb von Gut Schede weiter zum Selmkebachtal, die Rampe hinauf auf die Waldautobahn, bis wir schließlich am Fuße meiner persönlichen Nemesis dieses Tages angekommen waren. Wegen meiner Ortskenntnis ursprünglich Teil der Führungsgruppe, wurde ich hier deutlich nach hinten durchgereicht, denn ich musste an den geradezu lächerlich steilen Steigerungen schon mit einem langsamen Gehtempo kämpfen. Nicht nur die vergangenen 18 Kilometer, sondern auch mein hartnäckiges Ignorieren der Trinkflasche – ich hatte in zwei Stunden vielleicht 750ml getrunken – bei gleichzeitigem, starkem Schwitzen trug seinen Teil zu meiner Entkräftung bei. Oben angekommen, entfaltete sich zudem ein bei Gruppenläufen weit verbreitetes Phänomen, das man “den letzten beißen die Hunde” nennen könnte: netterweise wird nach markanten Steigungen etc. immer gewartet, damit die Gruppe nicht den Zusammenhalt verliert. Wenn aber der oder die letzten Läufer aufgeschlossen haben und wild um Luft ringend oben abgekommen sind, fällt bereits wieder der Startschuss… Das führt dazu, dass die Fitteren stets gut ausgeruht sind, während sich bei den weniger Fitten die Laktate kiloweise stapeln. So dachte ich bereits nach der Überwindung des Arschlochbergs und vor dem Abstieg über den Hickenstein (merke: alles, was du auf einem Rundkurs hinabläufst, musst Du auch wieder hinauflaufen!) über eine Abkürzung nach. Dieses Nachdenken sollte aber erst an der nächsten Kreuzung auf dem relativ flachen Stück oberhalb der Kemnade wirklich verfangen, als mir plötzlich die noch anstehenden Steigungen vor dem geistigen Auge aufstiegen. Das wäre für heute zu viel gewesen.

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So gab ich Sarah, die vor mir lief, Bescheid, dass ich abkürzen würde und bog auf die Rampe zum oberen Dellenweg ab. Von hier aus trabte ich ein Stück den Dellenweg herunter und nahm die erste Abbiegung am Vogelhotel, die mich zur Lichtung an der Retelnmühle zurückführte. Hier gibt es einen schönen Aussichtspunkt mit Blick auf den See und den sich auf der anderen Seeseite erhebenden Kaisberg. Zudem war die Strecke von hier aus nur noch hügelig und kaum anstrengend. Ich trank wie ein Rohrspatz, futterte meine Colashots auf und genoss – immer mal wieder wegen meiner Stirnlampe von einem Glühwürmchen angeflirtet, die Aussicht. Nach einer ganzen Weile kamen endlich die Lichtkegel der Anderen. “Wen man hier nicht so alles trifft!” bemerkte Oli, während ich mich ihm anschloss. Die größte Herausforderung der folgenden 1,5km war es, nicht auf eine Kröte zu treten, so dass etwa alle 60 Sekunden der Warnruf “Kröte!” ertönte und durch die Gruppe weitergereicht wurde. Mittlerweile war es stockduster geworden, so dass selbst Oli an den Gabelungen leicht desorientiert war. Da ich dieses Stück schon unzählige Male in beide Richtungen gelaufen bin, setzte ich mich an die Spitze und gab an den letzten beiden Steigungen noch einmal Gas – schließlich hatte ich eine ganze Weile ausruhen können. Oben angekommen, lag nur noch der Weg durch den Kletterwald vor uns und keine fünf Minuten später erreichten wir, mit in die Luft gereckten Armen und einander High Fives gebend, den Parkplatz.

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Während sich die ganz weit angereisten schleunigst auf den Heimweg machten (immerhin war es inzwischen nach elf), quatschten Thomas, Patrick, Sarah und ich noch eine Weile. Bis auch wir uns verabschiedeten und ich die 600 Meter den Berg hinunter trabte.

“UWE” war definitiv eine gelungene Veranstaltung. Für’s nächste Mal wird sich sicher eine Menge variieren lassen, und auch ein Ultralauf wäre in dieser Gegend gar kein Problem. Von allen Seiten waren anerkennende Worte für die Strecke und das Laufrevier zu hören – wirklich eine Freude, denn das Lob ist tatsächlich äußerst angemessen! Und: wir haben an diesem Tag lediglich einen relativ kleinen Teil dessen abgedeckt, was hier so geht. Jenseits des Selmkebachtals warten noch viel mehr Singletrails, Steigungen und Downhills auf uns! Ich plane ohnehin, diesen Sommer einen eigenen Einladungslauf zu starten, dann auf jeden Fall unter Beteiligung der benachbarten Berge, evtl. auch auf meiner langen Strecke bis zur Hohensyburg, weitere Infos folgen!

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Jetzt muss ich aber los, es ist Bergtraining angesagt! Auf geht’s!

VIELEN DANK FÜR DIE BEREITSTELLUNG DER BILDER AN OLIVER WITTSTOCK VON DER LAUFSCHULE DORTMUND

2 Antworten auf „“Lasst mich einfach hier liegen!” – UWE 2016“

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