Trainingstagebuch KW 18

Was ist das Schöne an einer Regenerationswoche? Auf jeden Fall, dass man sich auch mal zurücklehnen und die Zeit verstreichen lassen kann. Dazu gehört aber auch die Möglichkeit, wegen der verringerten Wochenkilometer mal ordentlich einen rauszuhauen – und natürlich, dass man sich ordentlich den Bauch vollschlagen kann (nicht, dass ich das nicht ohnehin schon täte…). In dieser Woche war ich nur zweimal Laufen. Aber diese Läufe sind irgendwie eskaliert…

Montag

Laufen verboten! Diesen Tag hatte ich ohnehin als Pausentag eingeplant – diesen Vorsatz kann ich ganz einfach einhalten…

Dienstag

Auch heute ist es einfach, nicht zu laufen, denn das Wetter ist masskalt und lockt mich nicht wirklich vor die Tür.

Mittwoch

Ich habe schlecht geschlafen und entscheide mich am Ende eines harten Arbeitstages dagegen, das Wetterfenster zum Feierabend für den avisierten Halbmarathon zu nutzen. Die Wettervorhersage für den Folgetag verspricht identische Bedingungen, also lehne ich mich zurück und genieße einen dritten Tag Pause.

Donnerstag

Pünktlich zum Feierabend zieht eine veritable Regenfront auf. Ich bin ziemlich angepisst und cancle meinen Lauf für heute. Eine Stunde später scheint die Sonne, als sei nichts geschehen und meine Laune sinkt auf einen Tiefpunkt. So etwas sollte man mit einem Läufer am vierten Ruhetag nicht machen. Ich schmollen auf der Couch.

Freitag


Feiertag! Den 1. Mai feiere ich mit einer guten Portion Schlaf, einem guten Frühstück und einem gut geplanten Lauf am Nachmittag, den ich noch weit vor dem angesagten Regen starte. Heute muss es wirklich klappen! Ich laufe gegen viertel nach eins los und komme ganz gut in Fahrt. Auf der nur einige hundert Meter langen, aber sehr steilen Rampe nach Dahlhausen laufe ich eine 3:20er Pace und verbessert den Durchschnitt von 4:23 auf 4:16. Unten angekommen, brauche ich aber wieder einige Minuten, um gut in Fahrt zu kommen. Dennoch wird dieser Kilometer eine 3:51. Auf der sanften Steigung des Springorum muss ich von Anfang an ziemlich pusten und frage mich, warum ich so schlecht unterwegs bin. Die Splits und auch die aktuale Pace zeigen aber, dass ich einfach verdammt schnell unterwegs bin. Nur der achte Kilometer fällt mit einer 4:42 ein wenig langsamer aus, während selbst die Senke mit dem kurzen Anstieg kurz vor dem Weimarer Schlosspark mich nicht aus dem 4:30er-Bereich zu holen vermag. Als ich der Trasse folge und den letzten spürbaren Anstieg durch die Serie von Tunneln laufe, muss ich ziemlich schnaufen. Habe ich überpaced? Kilometer 10 absolviere ich in 4:22, auch eine gute Split Zeit. Hier komme ich auch endlich auf die Ebene, was sofort spürbar wird. Den immer noch leicht ansteigenden elften Kilometer laufe ich in 4:10, was ich mit großen Augen zur Kenntnis nehme. Ich versuche, auf der langen Geraden etwas den Druck herauszunehmen, was mir aber nur auf dem folgenden Kilometer gelingt; Kilometer 13 laufe ich wieder eine 4:11 heraus, auf dem leicht abfallende Kilometer 14 sogar eine 4:03. Hier verlasse ich die Trasse und biege in die Oskar-Hoffmann-Straße ein, die mich heute mit 2-3 Windstärken von vorn begrüßt, was mich und auch meine Pace ziemlich leiden lässt. Den 16. Kilometer durch Ehrenfeld und die Bessemerstraße absolviere ich in 4:07. Hier hatte ich bei meiner letzten Bestzeit auf dieser Strecke die vier Minuten knacken können, doch dieses Mal fehlt mir im letzten Drittel merklich die Kraft. Nach der Jahrhunderthalle beginnt wieder der Mindfuck, den mir die Essener Straße jedes Mal bereitet.Ich muss mich die Hügel hochkämpfen, was mir der erbarmungslos wehende Wind nicht gerade einfacher macht. Auf dem ganz sachte, aber an diesem Punkt des Laufs deutlich fühlbar ansteigenden Wattenscheider Hellweg schaffe ich es noch, den Durchschnitt um eine Sekunde zu verbessern. Am Ende bin ich sehr froh, wieder an der eigenen Haustür angekommen zu sein.
Ein harter, schmerzhafter Halbmarathon, genau nach meinem Geschmack, mit einer sehr zufriedenstellenden Zeit, die mir nicht zuletzt die viertägige Pause eingebracht hat, mit einer Durchschnittdpace, die nur eine Sekunde über derjenigen liegt, die ich beim Neujahrslauf am Phoenix-See habe erlaufen können, allerdings mit ein paar mehr Höhen extern und besonders im letzten Drittel auf eher unebenen Gehwegen. Am völlig flachen Phoenix-See könnte ich wohl im Moment die Sub 1:30 einstreichen…

Samstag

Ich merke den Halbmarathon des Vortrages schon sehr deutlich. Da der Tag eh sehr voll und das Wetter wechselhaft ist, verzichte ich auf die 10-15 Kilometer zusätzlicher Belastung, schließ lich geht es in dieser Woche auch um Erholung.

Sonntag

Nach einem arbeitsreichen Samstag habe ich mir fest vorgenommen, am Nachmittag mal wieder nach Steele zu fahren, um meinen Lieblings-Hass-30er mal wieder anzugehen. Gegen halb vier stehe ich also auf dem Parkplatz an der Steeler Brücke und verspüre eine Art perverse Freude auf den Lauf, der mir sicher am Ende richtig wehtun wird. Ich weiß noch nicht, wie gut ich den Halbmarathon von Freitag schon weggesteckt habe, aber ich hoffe, dass die intensive Nutellatherapie des Vortages ein wenig geholfen hat…
Die Wege sind voll und besonders auf den ersten Kilometern kommt zu Langstreckenlaufen auch ein gewisser Hindernisanteil hinzu. Nachdem ich die Straßenbrücke am der Zornigen Ameise überquert habe, führt der Weg in die Heisinger Ruhrauen und wird recht schmal. Nach ein paar Minuten kommt mir in den Sinn “bissen wie Tour de France hier – nur mit mehr Fahrrädern”. Das beschreibt die Situation auch für den Unbeteiligte hinreichend, denke ich.
An der Wuppertaler Straße und nach dem Überqueren der Kampmannbrücke habe ich mich schon grob an das gewöhnt, was jetzt am Südufer des Sees vor mir liegt: dass es laaaaaaaaaang geradeaus geht, bevor wir zum Wendepunkt kommen. Bei Kilometer 9, gerade eine ganz kurze Weile auf dem Weg um den See, fühle ich, wie meine Beine ermüden. Mit den Paces unter 4:30 werde ich mich heute totlaufen, denke ich, doch bin ich auch nicht in der Lage, langsamer zu machen. Ich stelle mich also auf den langen, dunklen Fünfuhrtee der Seele ein, der mich auf dieser Strecke stets etwa bei Kilometer 20 erwartet. Am Bikertreff herrscht ein flatterbandhaftes Rot-Weiß (ohne das “Essen”) vor. Es wird nur verkauft, aber nicht gesessen.
So renne ich weiter, in der Gewissheit, dass es noch 18 Kilometer sind und ich jetzt ja schon leide, merke jede der doch im Streckenverlauf verborgenen Steigungen, aber auch, dass es jetzt schon 17, 16 Kilometer sind – und da ist auch schon das Wehr, das nur ein paar hundert Meter vor Dem Halbzeitpunkt liegt. Ich schnaufe auch hier unbeirrt weiter, überholte mal wieder ein paar Inlinermädchen und mache mich an die leicht ansteigenden Abschnitte vor Kilometer 20, wo der schwarze Regenbogen auf mich wartet. Ich merke, dass ich heute wesentlich schneller bin, als bei meinen letzten Läufen auf dieser Strecke, doch am Limit bedeutet am Limit und schmerzt dadurch nicht weniger. Wieder mal sinniere ich darüber nach, wie man bei Westwind in Richtung Osten laufend dennoch Gegenwind haben kann. Wenig später laufe ich windgeschützt aber bis zur Eisenbahnbrücke am Seeufer gegen eine stetige, ganz leichte, aber dennoch deutlich bermekbare Steigung an. Meine Pace fällt auf 4:28 und ich bin sicher, dass ich die Sub 30 verlieren werde, die Ruhrauen haben es auf dem Rückweg in sich.
Das beflügelt mich während ich mich über den Bogen der Kampmannbrücke quäle und ich bleibe wenigstens nahe an der 4:30. Die Verbindungsstraße zwischen der Wuppertaler Straße und dem Ruhrtalradweg fällt leicht ab, doch das hilft mir kaum, mich wohler zu fühlen. Auf dem Radweg muss ich wahnsinnig pusten, doch die 4:28 bleibt unbeirrt auf der Uhr stehen, selbst als ich mich laut stöhnend die Steigung auf die Brücke hochgequält habe. Die Senke an der Zornigen Ameise schmerzt so richtig und ich bin froh, als ich wieder auf dem Radweg bin. Das viele Publikum dort spornt mich an und ich laufe immerhin eine 4:28. Bereits jetzt weiß ich, dass ich die 30 am Parkplatz nicht vollständig erreicht haben werde. Ich werde also nochmal umdrehen und zurücklsufen müssen. Das hält mich nicht davon ab. Den vorletzten Kilometer in 4:19 zu absolvieren. Ich schlage nochmal einen Haken und laufe einen halben Kilometer hin und zurück zum Auto. Irgendwie habe ich die 4:28 bis zum Ende halten können – ein Ziel, dass ich mir bereits im Winter 2018 gesteckt hatte, ist endlich erreicht! Bereits auf dem Heimweg merke ich zudem, dass meine Beine den Lauf sehr gut weggesteckt haben.
Mehr kann man nicht verlangen…

Fazit
Eine Regenerationswoche könnte anders aussehen – man kann sich darüber streiten, ob sie zwei Bestzeiten über Recht lange Strecken beinhalten sollte. Aber ich kann zu meiner Verteidigung hervorbringen, dass ich nur zweimal Laufen war, also den Umfang heru tergeschraubt habe – mehr muss ja gar nicht, man darf trotzdem intensive Einheiten absolvieren, es geht ja eher um die Ruhepausen.
Wie auch immer: ich bin sehr zufrieden mit dieser Woche. Beide Läufe waren gut geeignet, den Kopf für die nächste herausfordernde Arbeitswoche freizukriegen. Sie haben mir alles abverlangt und mich auch mental weiter nach vorne gebracht. Mehr kann man von einer guten Regenerationswoche wohl nicht erwarten. 😁

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