Seven Months of Joy, Fear and Awe.

Herbst. Ich bin wieder an einem Punkt, den ich gut kenne. So ziemlich genau vor einem Jahr habe ich mich für den WHEW 100 angemeldet, mein großes Jahresetappenziel auf dem Weg zur Tortour de Ruhr 2018. Wie auch dieses Jahr, war der Spätsommer ein wenig durchwachsen verlaufen, was die Ultradistanzen angeht. Und wie auch im letzten Jahr stehe ich wieder ehrfürchtig und zugleich begeistert vor einer Distanz, die zu bezwingen jetzt noch ein Traum zu sein scheint. Wieder werde ich die dunkle Jahreszeit nutzen, um mich diesem Traum unerbittlich Trainingskilometer um Trainingskilometer anzunähern. In vielerlei Hinsicht stehe ich also wieder an dem Punkt, an dem ich letztes Jahr bereits angekommen war; und doch bin ich dieses Jahr ein kleines Bisschen schlauer: ich weiß, dass ich mit Durchhaltewillen, hartem Training und all meiner Liebe zum Laufen schaffen werde die avisierten 100 Meilen zu einer vorstellbaren Distanz, sie denkbar zu machen.

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SchluppenTiger Spezial: Backyard-Ultra (light)

Es ist bei Weitem nicht so, dass wir uns nur bei Nacht zum Laufen treffen; ganz im Gegenteil, wir haben vermutlich schon mehr Läufe bei Tageslicht auf die eine oder andere Weise gemeinsam absolviert, als im Dunkeln. Dennoch verbinden Schluppenchris und mich diese nächtlichen Episoden auf langen Strecken irgendwo im nächtlichen Wald am meisten. Wir haben gemeinsam gelacht und gelitten, den Anderen gestützt und uns stützen lassen – ein weiser Ultraläufer sagte einmal zu mir: derartige Erfahrungen zu teilen und aufeinander angewiesen zu sein schweißt entweder zusammen oder trennt für immer.

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12 Monate, 100 Meilen und ein Knie.

017

Pausen sind unerlässlich, wenn man sich derartiges erkämpft hat, wie ich in den letzten Monaten. Bevor man wieder einsteigt, muss man alle Blessuren ausheilen lassen und im wahrsten Sinne des Wortes die Füße still halten. Ich weiß das. Ich habe mich fast immer daran gehalten. Ich erinnere mich an einen schönen Morgen zu Hause, kaum eine Woche nach dem WHEW; ich sitze zu Hause auf der Couch, gerade vom Dienst heimgekommen und denke: “Ich muss vernünftig sein und warten, bis das Knie wieder mitmacht”, völlig ohne Zweifel, “aber toll finden muss ich das ja dennoch nicht!” Ich bin vorübergehend zu einem dieser Läufer geworden, der nicht läuft und sich fühlt, wie ein Fisch an Land. Ich sehe meine Felle wegschwimmen, mit jedem Tag ein bisschen von meiner Form schwinden. Meine Runalyze-Marathon-Form ist kurzer Zeit von 1060 auf 550% gesunken – nicht, dass diese Zahl wirklich viel aussagt, aber sie bestätigt mein Gefühl, dass die unzähligen Stunden, die ich mir um die Ohren gehauen habe, im Nu von der Oberfläche abzublättern scheinen, wie alter Lack von einer wettergeplagten Holzwand.

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It’s been a long way: das WHEW-Training ist beendet!

Es war noch ein langer Weg damals im Dezember, als ich mich endgültig für den WHEW 100 angemeldet hatte. Ich erinnere mich gut an den riesigen Berg an Kilometern, der sich zwischen meinem ersten 100-Kilometer-Lauf und meinem damaligen Selbst auftürmte. Ich war gerade von einem grippalen Infekt genesen und hatte in der Zwischenzeit einen groben Trainingsplan ausgearbeitet, der innerhalb eines Vierwochenzyklus drei Belastungswochen mit mindestens 100 Wochenkilometern und einer reduzierten Regenerationswoche vorsah.

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Auf halber Strecke: das Jahr 2016 in Wörtern (und auch ein paar Zahlen)

Perfekt war 2016 aus läuferischer Sicht nicht, denn es finden sich große Lücken in den Monatsübersichten. Besonders der Anfang des Jahres war mit einem anderthalbmonatigen Krankheitsausfall durchaus alles andere als ideal. Dennoch steht am Ende in dieser Hinsicht die positive Erkenntnis, dass ich – trotz großer Umfangs- und Intensitätssteigerungen – keine großen Verletzungen zu beklagen hatte – anscheinend habe ich langsam meinen Weg gefunden.

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Sommer Closing – Findung und Ausblick

Bislang war ich mir nicht sicher, wozu Monatsrückblicke gut sein sollten. Seltsam eigentlich, weil ich an sich sehr stark an die Reflexion durch das Schreiben glaube. Eventuell habe ich es aber nie für relevant genug gehalten, selbst meine Gedanken zu meinem eigenen Laufen und wohin ich damit will zu veröffentlichen. Vielleicht liegt das ach daran, dass bis vor kurzem noch nicht so genau wusste, wo ich damit hin will. Aber das hat sich nun geändert. Deswegen habe ich mich hingesetzt, um die letzten Monate für mich zusammen zu fassen.

Kaltstart: Jahresanfang und Frühling/Frühsommer

Mein eigentlich erstes größeres Projekt, dass ich im Herbst und Winter letzten Jahres ins Auge gefasst hatte, war der RZR-Rundwanderradweg. Diese immerhin rund 56 Kilometer lange, durchaus profilierte und von Erzbahntrassen dominierte Strecke ist als Rundkurs mit einigen Supermärkten direkt neben der Strecke, perfekt für den Einstieg. Um den Jahreswechsel herum hatte ich schließlich begonnen, die Strecke Abschnittsweise zu erkunden und auch bereits einige längere Back-to-Back-Läufe zu absolvieren. Leider habe ich mich nach meinem letzten Versuch Anfang Januar nicht an meine Regenerationszeit gehalten, so dass ich mich bei einem lächerlichen kleinen Regenlauf schwer erkältet und für fast sechs Wochen ins Aus geschossen habe. Es schlossen sich Probleme mit meinen Plattfüßen an, so dass ich im ersten Quartal kaum Laufen konnte und dementsprechend viel an gewonnenem Boden wieder verlor. Ich versuchte, aus den wenigen Wochen, die mir zur Vorbereitung auf meine Paceraufgabe bei der Tortour de Ruhr schließlich noch blieben, so viel wie möglich zu machen, doch über die 30km-Marke kam ich nicht mehr hinaus. Dennoch gewann ich in der kurzen Zeit erstaunlich viel Kondition zurück. Da ich erst bei Kilometer 150 in die Tortour einstieg, war die Pace meines “Schützlings” eh nicht mehr sonderlich hoch, so dass ich lediglich mit schmerzenden Füßen zu kämpfen hatte und fast 80 Kilometer mithalten konnte. Dazu kam, dass ich mich bereits im Herbst für den Vivawest-Marathon angemeldet hatte; ich war allerdings noch nicht sicher, ob ich so kurz nach der Tortour wirklich starten sollte. In der Woche zwischen den beiden Läufen bemerkte ich allerdings recht schnell, dass meine Beine bereits recht schnell regenerierten und beschloss, mit geringem Anspruch in Gelsenkirchen an den Start zu gehen. Der Lauf verlief erstaunlich gut (mit den Problemen, die man eben hat, wenn man keine 36er hat laufen können), so dass ich nach erfreulichen 4:10 über die Ziellinie lief. Im Anschluss lief ich sogar noch ein paar längere Strecken bei für mich noch ungewohnten, hohen Temperaturen, doch ich merkte, dass die Batterien mittlerweile ziemlich am Ende waren. Kein Wunder, denn ich hatte im Mai erstmalig die 300km-Marke geknackt. Dementsprechend gelegen kamen da die zwei Wochen Sommerurlaub, die ich komplett pausierte.

Endgültig Blut geleckt: der Hochsommer

Im Juni und Juli baute ich die Steigfähigkeit und auch die flachen Distanzen wieder auf. Ich wollte endlich mein RZR-Projekt in die Tat umsetzen und hatte zudem die Möglichkeit für mich entdeckt, mit dem Zug inn Richtung Essen zu fahren und über den Ruhrtalradweg zurück nach Hause zu laufen. Ich lief im Juli dann schon wieder bis zu 40 Kilometer und auch einen Doppeldecker mit zwei mal 30 Kilometern, was ohne Probleme gelang. Den heißen Tagen mit über 30 Grad wich ich möglichst aus, weil ich relativ hitzeempfindlich bin und mich der zusätzlichen Belastung nicht hatte aussetzen wollen.

Anfang August war es dann endlich soweit: zusammen mit meinem besten Freund und Laufpartner Basti machte ich mich an die 56 Kilometer entlang alter Kohlenbahntrassen und des Ruhrtalradwegs. Eine tolle Erfahrung!

Zusätzlich lief ich viele längere Läufe zwischen 24 und 30 Kilometern, teils allein teils gemeinsam mit Basti und nahm am Lauf “Rund um Ennepetal” teil; leider ohne mein Ziel zu erreichen, alle fünf Etappen und somit 56 Kilometer und 1700 Höhenmeter zu absolvieren. Mit Magenproblemen, die nicht zuletzt der Hitze geschuldet waren, musste ich nach 33 Kilometern aussteigen. Im Anschluss daran begann ich – auch, weil ich aufgrund einer längeren Hitzewelle keine andere Wahl hatte – auch bei hohen Temperaturen zu laufen und merkte, dass auch ich mich nach einer Weile daran gewöhnen konnte. Vielleicht wäre es mir in Ennepetal besser ergangen, wenn ich mich bereits von Anfang an mit dem Thema auseinandergesetzt und meinen Körper entsprechend trainiert hätte… Sicher eine eher triviale, aber dennoch für mich zentrale Erkenntnis des Sommers.

Bereits nach der Tortour war mir klar, dass ich Ultraläufe – ob nun Ultratrails oder die eher flachen Straßenläufe wie die Tortour oder der WHEW100 etc. – definitiv spannend finde. Ich habe es von Anfang an genossen, die Distanzen weiter auszubauen und es immer als eine tolle Erfahrung Empfunden, viele Stunden unterwegs zu sein. Dabei spielte die Herausforderung, ja oft gegen Ende auch Grenzerfahrung, durchaus eine Rolle, aber auch das Laufen in der Landschaft und der Ausstieg aus dem Alltag, das Alleinsein mit sich selbst; ich mag die Zurückgeworfenheit auf das Körperliche, aber auch auf die geistige Stärke, die man zeigen muss, wenn es mühsam und schmerzhaft wird.

Da ich kein großer Freund von festen Trainingsplänen bin, lief ich zunächst also nach Lust und Laune Langstrecken, beschäftigte mich aber dennoch mit Trainingsplanung und entsprechenden Empfehlungen von erfahrenen Trainern und Ultraläufern. Ich hatte mittlerweile den Plan gefasst, im Jahr 2017 die dreistelligen Distanzen anzugehen. Im Augenblick peile ich den WHEW 100 als meinen ersten 100km-Lauf an, und auch mit dem Kölnpfad 10×11 flirte ich bereits… Im Jahr 2018, so stand schon länger für mich fest, will ich mich schließlich um eine Teilnahme an der Tortour de Ruhr bemühen. Als Ruhranwohner und -Läufer habe ich schließlich eine gewisse emotionale Beziehung zu dieser Strecke aufgebaut.

Ich plante also eine Erhöhung meiner Longrun-Distanzen im etwa zweiwöchigen Wechsel, gepaart mit Doppeldeckerläufen und gekrönt durch Belastungswochen, die wiederum durch Regenerationswochen mit geringer Laufleistung abgefedert werden sollen. Im September habe ich bereits den ersten Belastungszyklus mit erstmalig 110 Kilometern absolviert. Dieser Monat endet nach insgesamt 348km (woduch ich meine bisherige Maximaldisstanz eines Monats um 30km erhöht habe) mit einer Regenerationswoche und guten Aussichten für die Herbst- und Wintermonate. Dieser erste Zyklus hat mir gezeigt, dass ich bereits Läufe mit großen Distanzen recht gut verdauen kann. In der ersten Belastungswoche habe ich immerhin (fast ein bisschen “by mistake”) einen 43- und einen 50-Kilometerlauf innerhalb von wenigen Tagen absolvieren können. Ein ermutigendes Ergebnis, das sehr motivierend auf mich wirkt und mein Selbstbewusstsein sehr gestärkt hat.

Ausblick: Ultratrail im Oktober – eine erste Nagelprobe

für den Oktober habe ich endlich mal wieder die Gelegenheit, an einer Veranstaltung teilzunehmen. Der Herman Nightrun, den ich in der 65km-“Double”-Kategorie laufen möchte, wird durchaus eine Herausforderung, denn die Distanz ist neu für mich, zudem profiliert, und findet außerdem – der Name verrät es bereits – in der Nacht statt. Deswegen habe ich meinen letzten Longrun über 50km bereits in der Dunkelheit enden lassen. Ich muss sagen, dass ich damit gut klarkomme, denn ich laufe ohnehin auch sehr gern alleine, und die Dunkelheit verstärkt dieses Gefühl des Alleinseins noch. Der einzig belastende Faktor (neben der Müdigkeit und der zusätzlichen Konzentration, die ein Traillauf dem Läufer abverlangt) sind in meinen Augen die Temperaturen, die selbst nach milden Oktobertagen durchaus in äußerst unangenehme Bereiche fallen können. Nichts desto trotz freue ich mich sehr auf den Lauf und die Herausforderung, und auch darauf, ein paar Bekannte wieder zu treffen und auch ein paar neue Leute kennen zu lernen.

Mit dem Training für dreistellige Läufe steht das Herbst- und Winterprogramm also einigermaßen fest. Es wird sicher nicht immer einfach sein, die vielen Kilometer in der Wochenplanung unterzubringen. Aber ich habe viel Zeit bis zum Frühling und werde im Zweifel meine Laufplanung etwas schieben, denn ich halte es für wichtig, die anderen Dinge im Leben nicht zu vernachlässigen.

Überdies ist die Ausweitung meiner Maximaldistanz nicht reiner Trainingszweck im Sinne einer Veranstaltungsvorbereitung, sondern durchaus auch Selbstzweck, denn ich schrieb es ja bereits: ich mag es einfach, weite Strecken zu laufen!

Zusammenfaassend, denke ich, kann ich sagen, dass ich mich als Läufer selbst gefunden habe. Ich weiß, wo ich hin will und habe in den letzten Monaten eine Menge gelernt, nicht zuletzt, dass ich noch eine Menge lernen und arbeiten muss. Zugleich weiß ich aber, dass ich bereits viel erreicht habe und dass meine Fähigkeit, eine Sache, die mich mit Leidenschaft erfüllt, mir jede Mühe wert ist, sehr viel gebracht hat. Ich freue mich sehr auf die kommenden Monate, die schönen, langen Läufe und sogar ein kleines Bisschen auf die Mühsal und den Hauch von Verzweiflung, der untrennbar mit dem Ultralaufen verbunden ist.

Auf geht’s – und: Glück auf!